Aktuell

Respektlos gegenüber Ärzten und Pflegern

Das hat das Krankenpersonal nicht verdient

Ohne jede Frage hat in einer Demokratie jeder das Recht, seine Meinung zu haben und diese auch zu vertreten.

Aber es ist schon beispiellos, ausgerechnet vor einer Klinik „Friede, Freiheit und Selbstbestimmung“ zu rufen, während dort zwei Covid-Patienten auf der Intensivstation um ihr Leben kämpfen und Ärzte und Pflegekräfte ihre ganze Erfahrung, Empathie und Kraft dafür verwenden, diesen Patienten zu helfen.

„Ich bin nicht auf den Beifall der Bevölkerung oder von Querdenkern angewiesen. Was mich aber wirklich stört, ist, dass den Spaziergängern die Angst und das persönliche Leid der Angehörigen und die schwere Erkrankung der Patienten völlig egal zu sein scheinen“ sagt Dr. med. Markus Brucke, Chefarzt der Anästhesieabteilung im Alb-Donau Klinikum Ehingen, der u.a. auch die Intensivstation in Ehingen leitet.

Das Verhalten der Spaziergänger ist respektlos gegenüber den zahlreichen Ärztinnen und Ärzten sowie den vielen Pflegekräften, die seit zwei Jahren mit den erheblichen Folgen dieser Pandemie zu tun haben und in dieser Zeit mehrere hundert Patienten gerettet haben. Insgesamt wurden bis heute deutlich mehr als 500 Covid-Patienten im Alb-Donau Klinikum stationär aufgenommen und behandelt, davon fast 150 auf der Intensivstation in Ehingen. Alle Mitarbeitenden haben zu Beginn der Pandemie trotz knapper Schutzausrüstung und noch ohne schützende Impfung ihre eigene Gesundheit und die ihrer Familien aufs Spiel gesetzt, im privaten Umfeld auf vieles verzichtet, um Kollegen und Patienten zu schützen.

Arzt behandelt Covidpatienten auf Intensivstation

Die Mitarbeitenden arbeiten seit knapp zwei Jahren mit FFP2 Masken und Schutzkleidung – nicht für die Dauer eines Einkaufs im Supermarkt oder eines Konzerts, sondern während eines Arbeitstags mit kurzen Pausen, in denen die Maske und Schutzkleidung abgenommen werden dürfen.

Gerade Covid-Patienten verlangen ihnen sehr viel ab. Die Behandlung und Pflege eines intensivpflichtigen Covid-Patienten erfordert stunden­lange körperlich anstrengende Arbeit in voller Schutzmontur. Auch mental ist diese Arbeit schwierig, weil nicht alle Patienten gerettet werden können. Fast 60 Patienten mit einer Covid-19-Infektion sind in unseren Kliniken verstorben.

„Es ist echt frustrierend, jeden Tag Covid-Patienten zu versorgen, zu sehen, wie schwer sie von der Krankheit gezeichnet sind und oft am Ende eines Dienstes kein Erfolgserlebnis zu haben, wenn man dann in den sozialen Medien liest, dass es immer noch Menschen gibt, die nicht glauben, dass es Corona gibt oder die Krankheit verharmlosen. Die Gegner von Impfungen und Coronaschutzmaßnahmen predigen ja selbst Werte wie Freiheit und Selbstbestimmung. Dabei sind sie es, die durch ihr Verhalten mit dafür sorgen, dass die große Mehrheit der geimpften Menschen in diesem Land sich aus Verantwortung weiterhin ein­schränken muss und eben nicht selbst bestimmen kann. Deshalb empfinde ich das nicht nur als respektlos uns gegenüber, sondern auch gegenüber dem Teil der Gesellschaft, der seit zwei Jahren auf vieles verzichtet und durch mehrfache Impfung dazu beigetragen hat, die Pandemie zu beenden“ sagt die Teamleitung der Intensivstation Ehingen.“

Im letzten Winter war diese Belastung schicksalhaft, in diesem Winter hätte sie besser verhindert werden können. Das sorgt für Frust und Unverständnis bei denen, die für den Schutz unserer Gesellschaft so viel geleistet haben. Und dennoch behandeln und pflegen sie seit Monaten vor allem auf der Intensivstation fast ausschließlich ungeimpfte Patienten. Sie tun dies mit der gewohnten Professionalität und Empathie, auch wenn sie seit zwei Jahren am Limit arbeiten und deutschlandweit immer mehr Kollegen den Dienst quittieren.